Die persönliche Sicht: Teilzeit? Nicht Teilzeit? Was denn nun?

Jahrelang – und immer noch – wurden und werden Unternehmen angehalten, Angebote für Teilzeitarbeitsplätze zu schaffen. Es bestehen sogar gewisse Verpflichtungen, die Unternehmen hinsichtlich Teilzeitarbeitsplätzen einhalten müssen. Jetzt, plötzlich, wird beklagt, dass es noch zu viele Teilzeitarbeitende gebe, also Beschäftigte, die kein „normales“ Arbeitsverhältnis hätten. Wenn diese unverständliche Feststellung nicht dem aktuellen Bundestagswahlkampf geschuldet ist, ist sie ein Witz. Bestenfalls.

Ich habe an dieser Stelle bereits über das Unwort der „prekären“ Arbeitsverhältnisse geschrieben, damals ging es um die ungerechtfertigte despektierliche Betrachtung der wachstumsfördernden Branche der Zeitarbeit. Was, bitte, ist denn ein „normales“ Arbeitsverhältnis? Viele Mitarbeiter freuen sich, dass sie eine Teilzeitbeschäftigung haben, weil diese wesentlich besser in ihren Lebensentwurf passt, als eine „normale“ – sprich: „Vollzeit“ – Beschäftigung. In einigen Branchen machen Vollzeitbeschäftigungen überhaupt keinen Sinn, zum Beispiel im Pharmagroßhandel, dessen Hauptkommissionierzeiten in der Vormittags- bis zur Mittagszeit liegen, bedingt durch das Bestellverhalten der Kunden und das ausgesprochene Lieferversprechen. In dieser Zeit werden mehr helfende Hände benötigt, als in den anderen Stunden des Tages. Was ist die Alternative, zudem sich viele Mitarbeiter freuen, (nach-) mittags wieder daheim zu sein?

Wenn man sich den krassen Unterschied der Position Deutschlands in der Liste der wettbewerbsfähigsten Staaten (Rang 4!) und der Liste der Beurteilung der strukturellen Wettbewerbsfähigkeit des Arbeitsmarktes (Rang 113) ansieht, braucht man nicht lange zu fragen, woran wir arbeiten müssen. Die Tatsache, dass wir trotz nicht gerade wachstumsfreundlicher arbeitsrechtlicher und arbeitsmarktbezogener Strukturen das weltweit viertstärkste Land in Sachen Wettbewerbsfähigkeit sind, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir arbeitsmarktpolitische Flexibilität benötigen, um unser Wachstum auch in Zukunft sicherstellen zu können. Das beginnt bei befristeten Arbeitsverhältnissen, geht über die Frage des Kündigungsschutzes und der Zeitarbeit und hört bei Teilzeit noch lange nicht auf.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH