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Strategie: Was haben Hertie, Schlecker, Praktiker gemeinsam?

„Sie sind insolvent“ ist zu flach. Lassen Sie uns nach dem gemeinsamen Grund fahnden: Es mangelte allen drei Händlern an einer wirksamen Strategie. Eine weitere Gemeinsamkeit: Es wurden Discount-Versuche unternommen, ohne Discount zu beherrschen.

Der Hertie-Relaunch – aus „Karstadt“ und „Karstadt Kompakt“ entstanden – versuchte sich in der Mitte, zielte sogar öffentlich auf die „gehobene Mitte“, was gründlichst misslang – trotz einer in einer gewissen Zielgruppe noch starken Marke. In der Mitte lässt es sich trotz aller Unkenrufe, die im übrigen schon seit 50 oder mehr Jahren erschallen, sehr wohl gut leben, das sehen wir in vielen Fällen. Man muss es nur richtig tun. Hertie hat eine ganze Menge falsch gemacht, begonnen bei der Nicht-Einhaltung selbst auferlegter strategischer Eckpfeiler.

Wenn man versucht, sich nur über Discount-Ansätze zu positionieren, funktioniert es nicht. Discount muss man leben, wie Peter Pohlmann, Gründer von Poco, mir in einem Gespräch einmal treffend sagte. Vor allem aber muss man Discount weiterentwickeln, was Schlecker beispielsweise trefflich versäumt hat. Discount hat seine Relevanz, aber nicht, wenn man den Einkauf als Strafe empfindet. Nicht, wenn man denkt „am liebsten ginge ich gar nicht dorthin, aber ich muss auf jeden Fall schleunigst wieder raus“. Discount funktioniert nur dann, wenn er smart genug gestaltet ist, dass dort Menschen kaufen, die rechnen müssen und Menschen, die rechnen wollen – ein wesentlicher Unterschied!

Über den Praktiker-Untergang und dessen Gründe habe ich genug geschrieben – übrigens mit nennenswerter Reaktion, bis hin zu persönlichen E-Mails. Seit etwa sieben Jahren spreche ich davon, dass Praktiker eine Strategie benötigt, weil das Unternehmen keine Strategie hatte. Das Unternehmen war ein Paradebeispiel für ein strategiefreies Durchmogeln durch den Markt. Zu spät, schade. Jetzt ist auch noch Max Bahr in den Strudel gezogen worden. Wiederum schade, ich hätte der Hellweg-Gruppe diese Wachstumsinitiative gegönnt. RBS hat offenbar mit der Mietbürgschaft zu hoch gepokert.

Dies waren nur drei Beispiele. Über Karstadt und seine derzeit zweifelhafte Existenzberechtigung mit der bestehenden Strategie, Neckermann oder Quelle haben wir noch gar nicht gesprochen.

Ausgewählte Lektionen aus dieser nüchternen Gemeinsamkeit?

1. Eine Strategie „Discount“ darf sich nicht auf den Preis beschränken. Ohne Prozesse, ohne „Mindset“ kein Discount.
2. Im Handel muss die beschlossene Positionierung quasi täglich am POS, im Marktauftritt, in der Ansprache der Kunden auf ihre tatsächliche Umsetzung hin geprüft werden.
3. Stehenbleiben ist keine Option. Das Weiterentwickeln muss Teil des Strategieprozesses sein.

Was sind Ihre Erkenntnisse?

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.