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Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 565: Die 100-Prozent-Falle

Nach der Berlin-Wahl schrieb ich auf Twitter angesichts der aus meiner Sicht stark verbesserungswürdigen Wahlbeteiligung von nicht einmal zwei Dritteln der Walberechtigten: „Wer nicht wählt, sollte seine Kritik an der Politik für sich behalten.“ Natürlich weiß ich, was dann geschieht und so kam es auch. Es wurde widersprochen, nicht heftig, nicht häufig, aber eben widersprochen. Das ist in Ordnung, gleichwohl bleibe ich bei meiner Ansicht.

Die Wahl ist ein demokratisches Recht. Bei uns gehört zu diesem demokratischen Recht hinzu, dass man es sich erlauben darf, nicht an der Wahl teilzunehmen. Das finde ich auch in Ordnung. Mein Punkt ist, dass ich nicht weiß, woher diejenigen, die nicht an der Wahl teilnehmen, ihre Kritikberechtigung an der neuen Regierung oder der Opposition ableiten. Sie hätten es ja ändern können, haben sich aber entschieden, dies nicht zu tun.

Nein, die Anzahl der Nichtwähler ist im Zweifelsfall kein Signal an die Politik, weil es so oder so eine Regierung und eine Opposition geben wird. Es ist ein Signal des Nicht-Entscheidens und diese Nicht-Entscheidung kommt häufig aus dem, was ich die 100-Prozent-Falle nenne.

Der Wahl-O-Mat ist eine prima Ersthilfe, um sich vor einer Wahl zu informieren, welche Parteiposition der eigenen Position am ehesten entspricht. „Am ehesten“. Es geht also nicht darum, dass eine Partei alle eigenen Meinungen, Positionen und Befindlichkeiten abdeckt, sondern es geht um die Mehrheit der eigenen Meinungen, Positionen und Befindlichkeiten. Dazu sind beim Wahl-O-Mat sogar Gewichtungen möglich. Man kommt also in den gestellten Fragen dem eigenen Prioritätenbedarf schon sehr nahe.

Ja, nicht jeder kennt den Wahl-O-Mat, viele sind „politikverdrossen“, aber ein Prinzip ist: Ich finde niemanden, der alle meine Meinungen, Prioritäten und Befindlichkeiten abdeckt. Richtig. Das ist nämlich nie der Fall. Es gibt keine Perfektion, es gibt keine 100 Prozent. Die 100-Prozent-Falle lässt Menschen in der Passivität zurück.

Was nehmen wir in unser Thema „Wachstum“ mit? Nicht nur, dass es erforderlich ist, Menschen mitzunehmen, Dinge zu erklären, damit sie verstanden werden, sondern auch, dass die 100-Prozent-Falle erklärt, dass viele Entscheidungen nicht getroffen werden, weil eben nicht alle Informationen vorliegen (das wird nie der Fall sein), weil nicht alle gefragt wurden (ist das erforderlich?), weil nicht alle Auswirkungen analysiert wurden (das ist unmöglich).

Wir sind wieder einmal beim Thema „Perfektion“. Perfektion ist oft genug eine Ausrede. Erst wenn wir perfekt sind, können wir die Entscheidung treffen, erst wenn ich perfekt bin, kann ich diesen Vortrag halten, erst wenn … [ergänzen Sie selbst].

Raus aus der 100-Prozent-Falle. Schluss mit der Perfektion. Mehr Mut zu Entscheidungen. Vermitteln Sie das auch an Ihre Mitarbeiter und Sie werden mit internem Wachstum belohnt.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

 

 

Die persönliche Sicht: Der Schaden durch Protestwähler und die irrelevante Meinung der Nichtwähler

In Nordrhein-Westfalen ist es bald wieder so weit: Wir dürfen wieder einmal wählen. Vorzeitig, versteht sich, weil sich der Landtag aufgelöst hat.

Abgesehen davon, dass ich es irritierend finde, dass irgendein Teil Deutschlands gefühlt dauernd irgendwo zur Wahl rennt, ist es nicht nur unser Recht, unsere Volksvertreter zu wählen, sondern ich finde, es ist auch unsere Pflicht. Die Diskussion über eine Wahlpflicht, wie sie beispielsweise in Australien oder auch bei unseren belgischen Nachbarn herrscht, muss erlaubt sein.

Im Moment haben wir aber nur ein Wahl-Recht. Immerhin.

Protestwähler

Nun gibt es diejenigen Mitbürger, die ihren Unmut durch eine sogenannte Protestwahl zum Ausdruck bringen. Sie wählen einfach irgendeine Randpartei in der Hoffnung, dass sie sich damit ihrem Ärger über politische Verhältnisse Luft machen und sich so zeigen können. Das Resultat davon kann aber unabsehbare Folgen, auch für die sogenannten Protestwähler selbst haben, denn die aus Protest Gewählten haben mitunter noch weniger intelligente Lösungen parat, als die sogenannten Etablierten.
Vorsicht, wehret den Anfängen. Protestwähler müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie dem Staat (das sind wir alle) potenziell fahrlässig Schaden zufügen.

Nichtwähler

Neben den Protestwählern haben wir noch die Nichtwähler. Ich finde Nichtwähler noch ärgerlicher als Protestwähler. Die Letzteren raffen sich wenigstens auf und bringen irgendeine Meinung zum Ausdruck. Erstere hingegen schaffen nicht einmal den Weg zur Urne oder den Gang zum Briefkasten, lassen sich aber nicht daran hindern, später hinreichend Kritik und allfällige Kommentare zur aktuellen Politik zu äußern. Das Argument „Ich weiß gar nicht, wen ich wählen soll, daher wähle ich niemanden“ zeugt auch nicht von besonders beeindruckendem Interesse für politische Zusammenhänge.
Liebe Nichtwähler: Ihre Meinung zur Qualität der Regierung, der Opposition, zu einzelnen Politikern oder zu politischen Zusammenhängen interessiert mich nicht. Sie hätten es in der Hand gehabt, haben die Macht aber abgegeben. Selber Schuld.

Lösung?

Hier ist die Lösung für sogenannte Protestwähler und diejenigen Nichtwähler, die nur „nicht wissen“, was sie wählen sollen, aber den Gang zur Urne schafften, wenn sie es denn wüssten: Die Abgabe einer ungültigen Stimme. Damit wird nicht irgendeiner fragwürdigen Schabernack-Partei Vorschub geleistet, aber es wird sehr wohl ein Beitrag zur Wahlbeteiligung geleistet, denn ungültige Stimmen werden zur Wahlbeteiligung gezählt. Das wäre ein Zeichen.

In der Zwischenzeit bleibe ich dabei: Protestwähler sorgen für potenzielle Gefahr und die Meinung von Nichtwählern zu Politik interessiert mich nicht.

Ihr Guido Quelle

(c) 2012, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH