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Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 569: Altes Business, moderne Mittel

Auch die Kirchen in den USA haben mit einer schwindenden Anzahl Gläubiger zu tun. So ist eine halbstündige Messe in St. Patrick’s Cathedral in New York an einem Wochentag von vielleicht 100 bis 120 Menschen besucht, in einer Metropole mit 8,5 Millionen Einwohnern und unzähligen Touristen ist das nicht viel, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Kirche etwa 2.500 Menschen fasst.

St. Patrick muss sich selber finanzieren. Stellen Sie sich das einmal vor: Die Kirche wird von der katholischen Kirche in den USA nicht co-finanziert. Waren Sie schon einmal in St. Patrick’s Cathedral? Es ist beeindruckend. Wir sind immer mindestens einmal dort, wenn wir in New York sind. Die Kirche umfasst einen ganzen Block und wird umrundet von Madison Avenue und 5th Avenue in Nord/Süd-Richtung sowie 50th und 51st Street in Ost/West-Richtung. Vermutlich handelt es sich bei dem Standort um eines der wertvollsten Grundstücke in den gesamten USA.

Woher soll das Geld also kommen, außer von den Gläubigen und Spendern, zu denen auch zahlreiche äußerst wohlhabende Familien gehören? Nun, man muss kreativ sein. Traditionell sind Fundraising und Spenden in den USA etwas ganz Normales und auch das Verkaufen hat ein positiveres Image als in Deutschland. So entstehen neben Projektspenden für Renovierungen auch dauernde Einnahmen.

Es werden zum Beispiel Sitzreihen „verkauft“ – Namensschilder weisen dies aus und das dürfte für die Familien nicht billig sein. Aber auch die Touristen und Einheimischen Gläubigen werden eingebunden. Kerze anzünden? Zwei Dollar werden empfohlen und man kann diese zwei Dollar an den unzähligen Stellen, an denen man Kerzen anzünden kann – es sind sicher mehr als ein Dutzend dieser Stellen – in einen Briefschlitz einwerfen, oder man steckt seine Kreditkarte in ein Gerät an einem Kerzenkorb und darf sich für sechs Dollar drei Kerzen nehmen. Keine Geheimnummer, keine Kartenüberprüfung, es dauert keine drei Sekunden. Und: Niemand überprüft, ob gezahlt wird, man kann sich auch einfach eine Kerze nehmen und sie anzünden, aber viele Menschen geben eben die zwei Dollar oder mehr.

An manchen Stellen stehen Schilder, die ausweisen, dass man sich über eine Spende von fünf Dollar oder mehr freut, um den Erhalt der Kirche zu finanzieren. Es gibt an jeder Bank, an jedem Platz QR-Codes für das Tagesprogramm, die aktuelle Messe, Informationen über die Kirche und so fort. In der Kirche stehen Automaten, an denen man Medaillen erwerben kann. Gold, Silber, Bronze, Kreditkarte rein und fertig.

Können Sie sich vorstellen, wie viel Geld erforderlich ist, um allein den Betrieb der Kirche zu finanzieren? Das beginnt bei den Mitarbeitern, die am Eingang fortwährend Taschen kontrollieren und hört beim Erhalt der Krypta noch nicht auf. Natürlich kosten auch Hochzeiten dort Geld, ein paar Tausend Dollar dürfen es schon sein. St. Patrick’s muss sich Einnahmen sichern. Dabei hilft auch der Souvenir-Store an der 51st Street.

St. Patrick’s Cathedral lehrt uns etwas. Erstens: Auch wenn Du superprominent bist, musst Du Dich bemühen. Zweitens: Du kannst Dich nicht auf Deinen Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen. Drittens: Du musst Technologie nutzen, um Dein Geschäftsmodell modern zu halten.
Lernen wir von St. Patrick.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer
Guido Quelle

 

 

Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 567: Fahrer in den USA

Gerade zurück von einem Business-Trip nach New York möchte ich heute einmal die Fahrer würdigen, die ich in den USA üblicherweise beauftrage. Es sind Fahrer von Limoservices wie zum Beispiel Blacklane, aber auch von Uber Black oder ähnlichen Services. Mir ist aufgefallen, dass viele der Fahrer sich erstens sehr für die Belange ihrer Fahrgäste interessieren, zweitens, dass sie oft viel gereist sind und drittens, dass sie sich sehr für Themen wie Politik, Internationales oder Gesellschaft interessieren.
Die Fahrten von und zu den Flughäfen sind meist zwischen 30 und 90 Minuten, je nach Stadt und Verkehrslage. Normalerweise bin ich während meiner Reisen nicht sonderlich gesprächig, aber die Gespräche mit Fahrern in den USA sind oft bereichernd, überraschend, unterhaltsam. Auf der Fahrt von Miami Airport nach South Beach Miami im November habe ich mich mit einem Fahrer ausführlich über die Politik in den USA, in Deutschland und in Europa unterhalten und er kannte sich überraschend gut auch außerhalb der USA aus.
Auf der Fahrt vom John F. Kennedy Airport in Queens nach Manhattan sprachen wir mit einem Fahrer über Europa, auch über Fußball. Er fragte uns woher wir kämen, wir entgegneten „aus Dortmund“ und bevor wir erklären konnten, wo Dortmund liegt, sagte er uns, er schaue immer Bundesliga, sei ein Fan von Borussia Dortmund, möge aber auch Bayern München und Bayer Leverkusen. Man staunt. Auch über unsere Regierung haben wir uns unterhalten, unser Fahrer fragte nach Unterschieden zwischen der Regierung Merkel und der neuen Regierung.
Jetzt nach Deutschland. In Deutschland höre ich gern: „Watt, nur so ‘ne kurze Strecke, da könnense doch zu Fuß hingehen. Und dafür warte ick ne Stunde?“ (Berlin) „Kartenzahlung? Nein, das geht nicht“ oder, alternativ: „Nur, wenn das System funktioniert.“ (Stuttgart) (Spoiler: Das tut es nicht, weil der Fahrer es nicht bedienen kann oder will.) oder „Taxifahren muss viel teurer werden, das lohnt sich doch alles nicht mehr.“ (Dortmund). Gerne auch Varianten davon oder Mischungen daraus.
Nun darf man raten, wo die Trinkgelder höher ausfallen. Guess where?
Aber nicht nur das: Ich habe mich gefragt, woher das Wissen der Fahrer in den USA kommt. Das Ergebnis meiner hochwissenschaftlichen Recherche: Es stammt aus dem Interesse und aus den Gesprächen und aus dem daraus vermutlich zuhause angereicherten neuen Wissen. Es kommt daher, dass die Fahrer fragen, dass sie mit Menschen unterwegs sind, die etwas zu sagen haben. Viele unserer Taxifahrer zuhause tun das nicht. Leider.
Zu unserem Thema „Wachstum“: Wenn wir uns interessieren, wenn wir Fragen stellen, wenn wir gemeinsame Themen finden, dann entstehen Gespräche. Sie entstehen nicht, wenn wir fortwährend reden. Und wir wissen: Aus Gesprächen entsteht Vertrauen, auf Vertrauen basieren Beziehungen. Nein, ich rede nicht von einer langfristigen Beziehung eines Limo- oder Taxi- oder Uberfahrers zu seinem Fahrgast, ich rede von den Beziehungen, die wir im Geschäftsleben herstellen und die eine wunderbare Basis für langfristiges Miteinander sind.
Interesse am Gegenüber. Das zählt. Lernen wir von Fahrern in den USA.
Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer
Guido Quelle

 

 

Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 551: Die Perspektive weiten und lernen

Mandat Wachstums Wochenstart Nr 551 Die Perspektive weiten und lernen

Ich schreibe diesen Wochenstart auf dem Rückflug aus Miami, wo ich einige Tage gearbeitet habe, unter anderem als Interviewgast bei „Beyond Thought Leadership“. Nach dreieinhalb Jahren, zwangspausiert durch die Pandemie und bedingt durch andere Umstände, war dies der erste Trip in die USA. Ich dachte mir bereits, dass die Reise bereichernd sein würde und meine Erwartungen wurden wesentlich übertroffen.

Alles in den USA ist groß, auch das Denken der Mehrheit derer, mit denen ich in Verbindung stehe, ist groß. Die Perspektiven sind andere, die Sichtweisen sind unterschiedlich. Ich wurde sehr häufig gefragt, wie ich die derzeitigen Entwicklungen in Deutschland und in Europa einschätze, wie ich unsere Regierung einschätze oder die Verhältnisse zwischen Deutschland und befreundeten Staaten.

Viele derer, mit denen ich in den USA spreche, sind außerordentlich kritisch der nationalen Berichtserstattung gegenüber und sie wollten (übrigens schon immer) „first hand information“, die ich gerne – bei aller enthaltener Subjektivität – gegeben habe. Die Vorurteile, die wir in Deutschland gegenüber den US-Amerikanern oft hören und pflegen, sind sämtlich falsch. Im Übrigen sagen das viele Amerikaner auch über die Vorurteile, die man in den USA gegenüber Deutschen hat. Es sind eben Vorurteile: Meinungen ohne Erfahrungen, irgendetwas, das Dritte daherreden.

Meine Perspektive hat sicher wieder deutlich erweitert und der Trip hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, zu reisen, unterwegs zu sein, nicht nur in seinem Mikrokosmos zu verharren. Das Interview, das ich gegeben habe, hat mir selbst vermutlich noch mehr Nutzen gebracht als den Zuhörern, ich habe wieder extrem viel gelernt, wie immer, wenn ich auf der Bühne oder im Interview bin.

Lebenslanges Lernen ist etwas, das mit dem Weiten der Perspektive einhergeht. Ich möchte es nicht missen, es ist eine Voraussetzung für gesundes Wachstum – auch persönlich.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

 


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Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 378: Stolz auf sein Land sein

Wachstums-Wochenstart

Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 378: Stolz auf sein Land sein

Gerade von der US-Ostküste nach einigen arbeitsreichen Tagen zurück, fiel mir dort wieder einmal auf, dass die Amerikaner stolz auf ihr Land sind. Überall hängt das Star Spangled Banner („Stars and Stripes“), die Nationalflagge der USA, sie fehlt an fast keinem Haus. Nicht, dass man dadurch notwendigerweise bekunden würde, Nationalist zu sein oder dem dumpfen „America First“ oder dem nicht weniger einfältigen „Make America Great Again“ („MAGA“) des amerikanischen Präsidenten zu folgen, viele Amerikaner lieben schlicht ihr Land. Einfach so, weil sie es prima finden, dort zu leben, dort zu wohnen, dort zu arbeiten, ein Teil des Landes zu sein.

Mir fehlt das manchmal in Deutschland. Wir haben eine Historie, die schwierig ist, eine Historie in der Menschen in unserem Land gezeigt haben, dass sie mit einem völlig falschen Nationalverständnis unterwegs waren, aber dass heute nahezu jedem, der die deutsche Flagge hisst, sofort ein rechtes Gedankengut angedichtet wird (respektierend, dass das bei einigen Zeitgenossen auch tatsächlich der Fall ist), finde ich schade. Wir haben so vieles geschafft, wir haben tolle Dinge bewegt und bewegen sie, wir sind eines der wirtschaftlich erfolgreichsten Länder der Erde, ein Land, in dem viele Menschen gerne wohnen, leben, arbeiten wollen würden und trotzdem fällt es uns schwer, uns mit dem Land zu identifizieren, vielleicht auch aus Sorge, abgestempelt und in die rechte Ecke gestellt zu werden.

Meine Frau und ich fragen uns gelegentlich, wo wir wohnen wollen würden, wenn nicht in Deutschland. Die Antwort darauf fällt uns immer wieder schwer. Ja, uns fallen zwei, drei Länder ein, aber wir landen immer wieder bei der gleichen Erkenntnis: Wir finden Deutschland großartig. Ob wir stolz auf unser Land sind? Ich weiß es nicht, es sind zu viele negative Assoziationen mit diesem Begriff „stolz“ in Verbindung mit unserem Land verbunden, das kommt nicht leicht über die Lippen. Eigentlich schade.

Das gleiche gilt übrigens für Europa, aber vielleicht ist Europa auch eine Brücke. Vielleicht haben wir irgendwann einmal das Selbstverständnis zu sagen, wir sind stolz darauf, Europäer zu sein. Ich glaube, dass Menschen einen Bezugspunkt brauchen, ich glaube auch, dass Menschen etwas brauchen, bezüglich dessen sie stolz sind, ein Teil davon zu sein. Wenn dies Europa wäre, in ferner Zukunft, fände ich das großartig. Es heißt ja nicht, dass andere nicht auch wunderbar sein können.

Um den montäglichen Wachstumsbogen zu schließen: Würden wir uns irgendwann einmal ein wenig freier in diese Richtung entwickeln, wäre das ein erhebliches persönliches Wachstum und auch ein qualitatives Wachstum für Europa – und was den betriebswirtschaftlichen Kontext anbelangt: Unternehmen, die daran arbeiten, dass ihre Mitarbeiter stolz darauf sind, ein Teil des Unternehmens zu sein, sind erheblich erfolgreicher als die, die darauf nicht so viel Wert legen. Die gute Nachricht: Daran kann jeden Tag gearbeitet werden (und machen Sie bloß kein Projekt daraus!)

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer
Guido Quelle

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Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 256: Die USA – eine besondere Nation

Vorab: Ich liebe unser Land. Deutschland ist eines der schönsten, interessantesten, nicht zuletzt auch sichersten, bestaufgestellten Länder dieser Erde mit riesigem Potenzial. Zwar habe ich nur 23 oder 24 Länder außer Deutschland gesehen, aber ich würde aktuell nirgendwo anders leben wollen. Dies vorausgeschickt: Die USA sind eines der bemerkenswertesten Länder dieser Erde. Hierbei meine ich nicht nur die enorme Vielfalt der Menschen, Meinungen und Landschaften. Ich meine vielmehr die Haltung, die dieses Land beweist.

Vor zwei Wochen waren wir an einem meetingfreien Nachmittag im One World Trade Center, kurz 1 WTC. Errichtet nahezu exakt auf dem Platz der ehemaligen Türme WTC1 und WTC2, die an 9/11 zerstört wurden, ist ein Gebäude entstanden, höher als zuvor, strahlender als zuvor, moderner als zuvor und ganz oben, mehr als 100 Stockwerke über der Erde, hat man eine Aussichtsmöglichkeit geschaffen, wobei das Wort „Aussichtsmöglichkeit“ angesichts des dort zu Sehenden, zu Erlebenden, des Inszenierten deutlich untertrieben ist. Wohl niemand ist dort, dem nicht beim ersten Besuch ein „Ah“, „Oh“ oder „Wow“ entfährt. Sensationell. Natürlich ist auf dem Gelände auch ein „Museum“, an dem des Unsäglichen gedacht wird.

Nun zu „Haltung“, denn man schaue auf das Prinzip und das ist wirklich ein US-Muster: Die USA werden 2001 Opfer der bis dato schwersten Terrorattacke, sie werden im Mark erschüttert, ein ganzer Block in Manhattan wird zerstört, Tausende verlieren ihr Leben. Chaos in ganz New York, im ganzen Land, in der Welt. Die Nation trauert.

Dann – einige Zeit später: Der Opfer wird weiter gedacht, die Helden (Feuerwehr) werden gefeiert, die Nation schüttelt sich wie ein nasser Hund und beschließt, etwas Neues zu schaffen, auf exakt dem Platz, wo sie so dramatisch getroffen wurde. Schöner, neuer, höher, größer soll es sein. Ein neues Symbol für die Freiheit, gleich gegenüber der Freiheitsstatue, die von dort, wenngleich auch winzig, zu sehen sein wird. Auch eine Gedenkstätte soll entstehen. Die Freiheit, die Demokratie, die Eigenständigkeit, all das lässt sich die Nation nicht nehmen. Erst wird dem neuen Gebäude der Begriff „Freedom Tower“ zugedacht, später wird es „One World“ heißen.

Gesagt, getan und hier stehen wir: Auf dem höchsten Gebäude der Vereinigten Staaten mit einem Aufzug, der in 47 Sekunden in den 102. Stock fährt. Dass die Höhe des Gebäudes mit 1776 Fuß nicht zufällig ist (Jahr der Unabhängigkeitserklärung der USA), ist ein weiteres Symbol.

„Wir lassen uns nicht unterkriegen“, das ist die Botschaft, „wir jammern nicht. Die Vergangenheit ist das eine, aber wir leben jetzt und morgen.“ Davon – und das war mein Punkt heute – können wir in unserem schönen Land noch einiges lernen.

Auf eine lernstarke Woche

Ihr und Euer

Guido Quelle

 

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Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 255: Zuhören

Ich schreibe dies in meiner Suite im 44. Stock der „Towers“ des Lotte New York Palace und zugegebenermaßen trägt die Umgebung auch zu einer gewissen Gelassenheit bei. 44 Stockwerke oberhalb des Trubels, das Grundrauschen des Verkehrs nur leise hörend, mit Sicht auf den East River im Wohnzimmer sitzend, den Rechner auf den Knien, kurz vor einem Steak bei Charlie Palmer, ist es leicht, das große Ganze zu sehen. Wir hatten bereits die ersten sehr erfolgreichen Meetings und vielleicht gehen wir morgen oder übermorgen auch noch die wenigen Schritte herüber zur Park Avenue in unser Büro im Seagram Building, je nachdem, wie weit wir vorankommen.

Warum waren diese Meetings bisher so erfolgreich? Hier ist die Antwort: Weil alle Gesprächspartner einander aufmerksam zugehört haben. Jeder war interessiert. Niemand sprang sofort auf eine Lösung. Niemand sagte „You just need to do …“ (weil nichts „just“ geht) oder „Yes, but …“ (Was nichts anderes meint als „Ich bin völlig anderer Auffassung und das, was Du gesagt hast, ist Unfug und klappt nie und nimmer“, das gilt auch im Deutschen). Auf diese Weise, mit vorsichtigem Nachfragen und dem tatsächlichen Willen, zuzuhören, entstehen neue Ideen und Gedanken.

Es wird ja vieles geredet über „aktives Zuhören“, wobei es meist um Technik geht.

Ich halte die richtige Zuhör-Technik für sekundär. Der Wille, zuzuhören, ist entscheidend, nicht die Methode. Diese findet sich, wenn der Wille da ist. Andersherum wird es nichts. Im Übrigen gilt dies nicht nur für Business-Themen. Bei den vielen Abendessen hier in der Stadt, die niemals schläft, hatten wir auch Gelegenheit, unsere amerikanischen Gesprächspartner nach ihrer Sicht über den neuen US-Präsidenten zu fragen. Und siehe da: Neue Einsichten taten sich auf. Niemand war wirklich begeistert, aber wir haben neue Facetten gelernt, die wir nicht gelernt hätten, wenn wir nicht gefragt hätten. Andersherum waren unsere Gesprächspartner äußerst interessiert an unserer Lage in Deutschland und in Europa. Auch sie haben aufmerksam zugehört.

Stellen wir also fest: Gespräche haben etwas mit echtem Interesse – ohne eine eigene Agenda – zu tun. Das mag trivial klingen, dann ist es meinem verklärten New York-Blick geschuldet, aber ich erlebe echtes Interesse nicht zu häufig – vorsichtig formuliert. Wir haben es in der Hand, das zu ändern. Wie interessiert sind wir wirklich an unseren Gesprächspartnern und an vielleicht ganz anderen Sichten?

Auf eine gute Woche

Ihr und Euer

Guido Quelle

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Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 145: Warum Prognosen sinnlos sind

Mandat Wachstums-WochenstartErinnern Sie sich noch an die Zeiten, in denen uns gesagt wurde, wir müssten unbedingt sparsam mit dem Rohstoff „Öl“ umgehen, weil wir nur noch 30, maximal 40 Jahre über Öl verfügen können würden? Die 30 oder 40 Jahre sind vorüber, wir bekommen Treibstoff an der Tankstelle, der Ölpreis ist im Keller, es wird gefördert, was das Zeug hält – zumindest zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrags. Die USA sind bedeutender Ölförderer und rühmen sich damit, energiemäßig unabhängig zu sein – etwas, das die arabischen Staaten furchtbar ärgert und was sicher auch zur Überproduktion beiträgt, denn irgendwann, so die unausgeprochene Hoffnung, wird das teure Fracking unrentabel und die Unternehmen in den USA, die per Fracking fördern, geben auf.

Das wird nicht passieren.

In den USA werden die Fracking-Produktionen effizienter, kostengünstiger werden, was zu weiteren Förderungen beiträgt. Wir wollen hier nicht über die ökologische Komponente des Frackings sprechen, aber Fakt ist: Die USA haben ihr stärkstes Handlungs- und Existenz-Motiv, die Freiheit, mit Fracking gestützt. Damit stehen ökologische Fragen diesbezüglich dort in zweiter Reihe.

Mein Punkt ist: Warum setzen wir so viel auf Prognosen? Sie sind meist wenig Wert, weil sie aus der Vergangenheit extrapolieren. Wenn ich in Bezug auf Wachstum aber nur die Möglichkeiten in Betracht ziehe, die es heute schon gibt, dann stoße ich immer an Grenzen. Wenn ich versäume, darüber nachzudenken, was sein KÖNNTE, springe ich zu kurz. Denken Sie daran, es gab die Annahme, die Welt hätte nur Verwendung für drei Computer. Klar, weil sich niemand vorstellen wollte, was passieren würde.

Wenn Sie an Ihrer Strategie arbeiten, wenn Sie mit Ihren Mitarbeitern über Annahmen sprechen, wenn Sie für Ihr zukünftiges Wachstum Sorge tragen wollen, dann denken Sie groß. Verharren Sie nicht in der Vergangenheit oder der Gegenwart. Gehen Sie von deutlichen Fortschritten aus, die es geben wird. Und ziehen Sie jemanden zu Rate, der Sie in diesem Denken herausfordert.

Wir sind auf Sendung und Sie können jederzeit einsteigen, ohne etwas zu verpassen in „Five Minutes for Growth“ – Die Mandat Wachstums-Videoserie, Staffel 1 – Wöchentlich ein etwa 5-minütiges Video zu persönlichem und unternehmerischen Wachstum. Sie können deshalb keine Episode verpassen, weil wir Ihnen auch bereits veröffentlichte Episoden zur Verfügung stellen. Zur Information und Registrierung klicken Sie hier. Fünf kostenfreie Episoden gibt es hier zu sehen.

© 2015, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
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Fehler: Alternativen statt Ziele – oder: das große Geschacher

Immer und immer wieder ist es festzustellen: Statt über Ziel zu sprechen und daraus die Handlungsalternativen abzuleiten, wird direkt über die Alternativen gesprochen, ohne sich zuvor auf die Ziele verständigt zu haben. Dies ist im privaten Bereich ebenso festzustellen, wie im beruflichen oder politischen Umnfeld. Hier sind Beispiele, damit deutlich wird, was ich meine:

  • Privat: Es wird über den Ort des Urlaubs gesprochen, ohne das Ziel (also das inhaltliche Ziel) des Urlaubs besprochen zu haben. Es macht keinen Sinn, über Orte (Südtirol, USA, Neuseeland, Malediven, Usedom) zu sprechen, wenn sich die Beteiligten nicht klar darber sind, was sie wollen: Etwas erleben, totale Ruhe, bergwandern, tauchen, schwimmen, … – Sie verstehen, was ich meine.
  • Beruflich: In einer Neuorganisation, die bedingt wird durch mangelnde Leistung oder durch einen höheren Leistungsanspruch, springt im Meeting jemand auf und malt Kästchen ans Flipchart. Es entsteht ein Organigramm, Namen werden hinzugefügt, Abteilugnen werden zusammengelegt oder getrennt. Das macht keinen Sinn, solange das Ziel, das die Neuorganisation bewirken soll, nicht verabschiedet ist. Es macht auch keinen Sinn, solange die Prozess-Ziele, die erreicht werden sollen, nicht festgezurrt sind. Die Tatsache, dass es einfach ist, Kästchen zu malen, darf nicht dazu führen, dass dies zu früh geschieht.
  • Politisch: Ohne Worte, man schaue nur auf die Verhandlungen der voraussichtlich künftigen deutschen Regierung – grauenhaft. Ziele spielen keine Rolle, es wird nur geschachert. Unsere Freunde in den USA machen es im Übrigen auch nicht ein bisschen besser. Das Gerangel um „Obamacare“ ist ein Scherz. Ein schlechter, überdies.

Wenn Sie das nächste Mal in einer Diskussion sind, in der wieder einmal zu früh über Alternativen gesprochen wird (wie organisieren wir den Bereich, wie gestalten wir die Tagung, wie …), ohne dass die Ziele festgezurrt sind, machen Sie die Runde darauf aufmerksam. Man will das nicht gern hören, aber es hilft ungemein.

Erst das WAS, dann das WIE.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Die persönliche Sicht: Ich möchte nicht von Fremden geduzt werden

Geht Ihnen das Geduze auch so auf die Nerven? Oder fällt es Ihnen gar nicht mehr auf? Wenn ich mich richtig erinnere, hat IKEA – oder war es Apple? – damit begonnen. Ich fand das damals schon sehr befremdlich, als ich in einem Katalog zum ersten Mal mit „Du“ angeredet wurde. Heute ist es egal, wo man hinschaut. Man wird von Fremden einfach geduzt. Es beschränkt sich ja längst nicht mehr auf IKEA und Apple. Im Restaurant, in Online Stores (bei amazon werde ich mit „Hallo Prof. Dr.“ begrüßt, auch lustig), in sozialen Medie, überall „Du“.

Ich finde das nicht passend und die Erklärungen, die sich in einer höheren werblichen Aufmerksamkeit, in mehr Nähe oder in sonstigen mir das Duzen nicht sympathischer machenden Gründen ausdrücken, sind mir gleichgültig. Die deutsche Sprache kennt das „Du“, das „Sie“ und in der Schweiz und anderen Regionen gibt es sogar noch das „Ihr“. Warum müssen wir uns alle duzen?

Oh, ja, weil das die Amerikaner uns so vormachen, richtig, die globale Welt, wir müssen uns anpassen. Nichts da, weit gefehlt. Auch in den USA gibt es Konventionen. Das „you“ darf darüber nicht hinwegtäuschen, ebensowenig die Tatsache, dass sich viele in den USA mit Vornamen anreden. Solange man sich dies auf gleicher Ebene nicht anbietet, findet das Beim-Vornamen-Nennen nicht statt. Wenn „Andrew“ sich im Ritz-Carlton in Naples an der Rezeption meldet, wird er mich trotzdem nicht mit „Guido“ anreden. Ebensowenig werde ich „James Allistair“, den CEO eines Unternehmens, den ich kennen lerne, selbstverständlich mit „Mr. Allister“ ansprechen, es sei denn, er sagt „Hi, I’m James, good to see you.“

Das „Du“ hat, finde ich, immer noch etwas Vertrautes und man muss es sich gegenseitig verdienen. Bei Mandat duzen wir uns alle, unabhängig davon, wie alt wir sind oder welche Funktion wir ausüben. Studierende, Auszubildende, Berater, Assistenten, Geschätsführung, wir sind alle per „Du“. Das ist aber etwas anderes. Es gehört zu unserer Unternehmenskultur seit jeher. Duzen wir deshalb wildfremde Menschen? Nein, und das ist auch richtig so. Ein wenig Distanz kann nicht schaden, nutzen wir die Nuancen, die unsere Sprache und der Umgang miteinander uns bieten. Unangenehme Dinge werden nicht angenehmer durch permanente Wiederholung.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

CEO Tipp des Monats Juli 2013: Wie bereit ist Ihr Unternehmen wirklich zur Internationalisierung?

Allerorten hört man, dass das angestrebte Wachstum nicht mehr allein aus dem Inland kommen könne. Ob dies in jedem Einzelfall wirklich so richtig oder nur eine Ausrede ist, wollen wir an dieser Stelle einmal dahingestellt sein lassen. Fakt ist aber, dass die Internationalisierungsbemühungen vieler Unternehmen deutlich zunehmen und dabei auch mitunter skurrile Stilblüten treiben.

Was hilft es beispielsweise, wenn ein Unternehmen in Russland sein Heil sucht, ohne sich mit der Tatsache beschäftigt zu haben, dass die Geschäftsgegebenheiten in Russland gänzlich andere sind, als in Deutschland? Was nutzt es, wenn die feste Absicht besteht, in Asien zu wachsen, wenn wir als „Langnasen“ dort auftauchen und versuchen, unsere westliche Vorstellung davon, wie man Geschäft zu machen hat, durchzudrücken? Eine wichtige Notiz, rasch gemacht auf einer gerade erhaltenen Visitenkarte, ist in Japan das annähernd sichere  Rückflugticket.

Wir brauchen aber gar nicht so weit zu schauen: Auch in Europa gibt es für uns Deutsche hinreichend Potenzial, Geschäftsbeziehungen auf eine solidere Basis zu stellen. Wer die erforderliche Höflichkeit in Frankreich oder die Indirektheit in Großbritannien nicht beherrscht, wird es schwer haben. Gewiss, deutsche Unternehmen haben zur Zeit ein wachsendes Ansehen in der Welt. Die Frage, die sich stellt, ist aber: Was tun die Eigentümer und das Management von deutschen Unternehmen, um dem Internationalisierungsvorhaben tatsächlich eine Basis zu bieten? Hier sind einige Testfragen:

  • Wie steht es um verhandlungssicheres Englisch der Unternehmensführung und der an der Internationalisierung maßgeblich beteiligten Mitarbeiter?
  • Wie ist es um das „Alltags-Englisch“ bestellt? Oder reduziert sich die Kenntnis der Sprache auf das Fachspezifische?
  • Wie schaut es mit der entsprechenden Kenntnis der Landessprache Ihres Zielmarktes aus, wenn diese nicht Englisch ist?
  • Welche Kenntnis besteht über Verhandlungsprinzipien, die im Zielmarkt geschätzt und weniger geschätzt werden?
  • Welche weiteren interkulturellen Spezifika des Zielmarktes sind bekannt und werden beherrscht?
  • Wie viele Manager und Mitarbeiter Ihres Unternehmens stammen aus dem Zielmarkt (auch in der Unternehmensführung)?
  • Welche Beziehungen haben Sie zur Presse im Zielmarkt?
  • Welche Vorteile hat Ihr Marketing formuliert und vom deutschen auf den internationalen, jeweils länderspezifischen Markt übertragen?
  • Wie bereit ist Ihre Mannschaft, internationale Geschäftsbeziehungen auf- und / oder auszubauen?
  • Wenn Sie eine Repräsentanz im Ausland aufbauen: Wer von Ihnen geht „hinüber“ und hilft dem dortigen Management (das im Übrigen aus dem Zielmarkt stammen sollte)?

Ich habe zu häufig erlebt, dass deutsches, „bolleriges“ Verhalten, gepaart mit einer „das-wird-schon-klappen“-Mentalität Kopfschütteln auf der anderen Seite erzeugt hat. Wenn Sie dies vermeiden möchten, stellen Sie sich und Ihre Mannschaft gezielt auf die Internationalisierung ein. Sie erhöhen die Erfolgschance mit der richtigen Vorbereitung erheblich.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Der CEO-Tipp des Monats ist Auszug aus dem monatlich erscheinenden Mandat Growthletter, der kostenfrei bezogen werden kann: Anmeldung

Die aktuelle Ausgabe ist hier zum Download verfügbar (PDF, ca. 3 MB)