Die persönliche Sicht: Die Billig-Verlierer

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 12. März 2012 gab es einen Artikel von Jakob Strobel y Serra über den Billig-Wahn bei Lebensmitteln. Dieser Beitrag sprach mir aus dem Herzen und hat mich voll erreicht. „Die überwältigende Mehrheit der Deutschen gibt deutlich mehr Geld für Motorenöl als für Salatöl aus“, heißt es dort beispielsweise. Wohin soll das führen? Zu nichts. Oder bestenfalls in die Irre. Der Billig-Wahn bei Lebensmitteln muss aufhören. Es sind die Konsumenten, die den Markt und den Preis bestimmen. Wenn wir mehr bezahlen, steigt auch die Qualität.

Aber der Lebensmittelbereich ist ja nur die eine Seite der Medaille – wenngleich er auch besonders fatale Auswirkungen hat. Das Billig-Denken zieht sich durch alle möglichen Branchen hindurch:

  • Viele Menschen wollen für 9,99 Euro eine tolle Jeans haben – bitte mit ein paar Applikationen –, das T-Shirt idealerweise schon für 2,99 Euro – gern mit ein paar frechen Prints – und abends bei Junkfood und Bier echauffieren sie sich dann über das Unding der Kinderarbeit in Bangladesh. Guten Appetit.
  • Billig-Autos haben insbesondere im Kleinstwagenbereich Konjunktur. Haben Sie einmal gesehen, was geschieht, wenn ein solches Auto einen Crash hat? Es bleibt nichts – nichts, gar nichts – übrig, wenn die Zugmaschine eines LKW (ohne Anhänger, ohne Last) mit 50 km/h auf so ein Auto, dessen Marke ich hier nicht nennen werde, auffährt. Nach dem Unfall sieht man nicht einmal mehr, dass da ein Auto war. Nur der auffahrende Laster steht ein wenig höher.
  • Elektrogeräte aus Billig-Produktion? Klar, warum soll man zuviel Geld dafür bezahlen? Hauptsache, die Waschmaschine wäscht. Das Geschrei ist dann groß, wenn sich elektrische Sicherheitsmängel einstellen, aber das hätte natürlich mit der Miele-Waschmaschine auch passieren können. Gut, dass wir nicht so viel dafür ausgegeben haben. Ist schon klar. Und die Sicherheitsstandards und Umweltstandards in der Billig-Produktion in China? Mein Gott, man kann sich doch nicht um alles kümmern.
  • Mich irritiert die gespaltene Zunge vieler Menschen, die dieser Billig-Geiz-Mentalität nacheifern, sehr. Einerseits gehen sie auf die Straße, um für „mehr“ zu streiken, andererseits sind sie nicht bereit, auch „mehr“ zu investieren. Missgunst, Misstrauen, Egoismus sind hier nicht selten Triebfedern.

  • „Sie fliegen Business Class? Ach, dann gehören Sie zu denen, die immer an den anderen vorbeirennen!“ Alternativ: „Sie fliegen First Class? Geben Sie das Geld lieber den Armen, die Economy Class kommt genauso schnell an!“
  • „Der fährt einen Ferrari? Auf welcher Steuersünder-CD der wohl zu finden ist?“ (Ersetzen Sie Ferrari durch Bentley, Lamborghini, eigentlich alles, was nicht Mainstream ist)
  • „70 Euro für das Kilo Rinderfilet? Unverschämtheit!“
  • Einer unserer besten Klienten sagte neulich, als wir über ein neues, größeres Projekt sprachen, dass er die Qualität unserer Beratung sehr schätze, dass er wisse, dass Qualität Geld kostet und dass wir wüssten, dass er sich nie wie auf dem Basar verhalten würde. Stimmt. Wir auch nicht. Und mit der gegenseitigen Fairness kommen wir bestens miteinander zurecht: Top-Qualität für gutes Geld. Für erstklassige Honorare können wir erstklassige Mitarbeiter einstellen und ausbilden, die unsere Klienten erstklassig unterstützen, damit diese wiederum erstklassige Produkte und Dienstleistungen anbieten. Was ist dagegen einzuwenden?

    Wer immer ohne Not nach dem billigsten Angebot jagt, ist ein Verlierer.

    Ihr Guido Quelle

    (c) 2012, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH