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Mandat Wachstums-Wochenstart #92: Ein Benimm-Seminar genügt nicht

Neulich in einem Restaurant: Vier Erwachsene nehmen an einem reservierten Tisch Platz, erhalten ihre Getränke und prosten sich formvollendet zu: „Auf einen schönen Abend“. Ganz ohne die Gläser erklingen zu lassen, denn sowohl die Formulierung als auch das Nicht-Anstoßen sind ja kniggemäßig korrekt. Einige Minuten später, das Gespräch ist im Gange, das Menü ist geordert, zückt einer der Gäste sein Smartphone hervor, um wie selbstverständlich irgendetwas (unterhalb der Tischkante) zu checken. Dahin war er, der Geist des Herrn Knigge.

Ein Benimm-Seminar genügt nicht, um sich gutes Benehmen anzueignen. Gutes Benehmen muss man leben. Lieber miteinander anstoßen und sich zuprosten, als die Formeln zu kennen und bei Tisch mit dem Smartphone surfen. Wie sagt unsere Benimm-Trainerin immer? „Es ist wichtig, die Regeln zu kennen und dem Umfeld entsprechend anwenden zu können.“ Eine gewisse Flexibilität ist also erlaubt. Dazu gehört aber nicht das Smartphone bei Tisch.

Merke: Auch wenn es „alle“ tun, wird Falsches nicht richtiger.

(c) 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Das Bluetooth-Headset und die Frage nach dem Benimm

Der Segen der mobilen Kommunikation ist nicht zu leugnen. Bedauerlicherweise erfordert die gewonnene mobile Freiheit auch ein gewisses Maß an Anstand und Benimm, das manche Mitmenschen nicht in der notwendigen Deutlichkeit erkennen lassen.

Ein prima Beispiel haben mein Kollege Fabian Woikowsky und ich am vergangenen Montag auf dem Flughafen Düsseldorf erlebt: Unmittelbar vor uns schert mit Vollgas ein weiterer Fluggast in die Warteschlange am Check-In-Schalter der Lufthansa ein, rammt seinen Koffer in den Boden und sich sogleich sein Bluetooth Headset ins Ohr. Einmal ordentlich im Gehörgang vergraben geht das muntere Plaudern los. Keiner von uns will’s hören, auch die Dame am Lufthansa-Schalter nicht, die den Fluggast ohne eine Miene zu verziehen, eincheckt.

Während wir unsere Tickets erhalten taucht der gerade eingecheckte Fluggast wieder hinter uns auf, rammt seinen Koffer in den Boden (ein klares déjà-vu), hat sein Bluetooth-Headset immer noch im Ohr, telefoniert aber augenscheinlich nicht. Die Dame am Lufthansa-Schalter schaut fragend und er stellt kleinlaut fest, dass er vergessen habe, den soeben in den Boden gerammten Koffer aufzugeben. Die Lufthansa-Mitarbeiterin lakonisch: „Habe ich mir gedacht, aber ich wollte Sie nicht beim Telefonieren stören.“ Ha, Gerechtigkeit, nimm Deinen Lauf. Strike!

Während ich dies schreibe sitzen wir in der Senator Lounge am Flughafen Stuttgart und wundern uns, dass wir hier überhaupt herein gekommen sind. Die Lufthansa-Karte war es wohl nicht, denn offensichtlich ist eine Eintrittsbedingung, dass man mit Bluetooth Headset – oder ersatzweise auch mit weiß verkabelten Apple®-In-Ears – im Ohr herumläuft, dabei gestikuliert und mit Menschen an fernen anderen Orten spricht – in allen Sprachen dieser Erde, zu Themen, die wir nicht hören wollen. Weder haben wir aber ein geeignetes Headset (muss unbedingt blau blinken!) zur Hand, noch verspüren wir die geringste Neigung, laut telefonierend durch die Lounge zu wandeln, eben deshalb wundern wir uns, Einlass erhalten zu haben. Wir geben uns aber Mühe, unsere Unkultiviertheit zu vertuschen und sprechen dafür laut miteinander. Das nächste Mal müssen wir unbedingt ein Headset mitnehmen und auf und ab laufen, das ist sicher.

Wo sind eigentlich die Benimm-Trainer, wenn man sie mal wirklich braucht?

(c) 2012, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH