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Servicewüste Deutschland? Und es gibt sie doch!

Die gute Nachricht vorab: Ebenso einfach, wie man sich durch eigentlich selbstverständliches Verhalten (Pünktlichkeit, Höflichkeit, Zuverlässigkeit) als Person differenzieren kann, kann sich ein Unternehmen durch Antizipieren von Kundenbedürfnissen, Eingehen auf den Kunden und Verzicht auf egoistische Selbstoptimierung differenzieren.

Hier sind Worst Practices, die ich vor kurzem auf einer Reise erlebt habe:

Ich erreichte das Hilton Hotel im Frankfurter Flughafen erst spät am Abend, was auch avisiert worden war. Obwohl ich Diamond Member bin, wurde mir kein Upgrade angeboten. Die Fenster der Suite, die ich gebucht hatte, wiesen auf einen innenliegenden Baukörper, der sich ca. einen oder zwei Meter von der einen der beiden Fensteranlagen entfernt überraschend darbot. Die zweite Unverständlichkeit, für meine Begriffe. Ich hatte keine Zeit zu verlieren, da ein Klient und ich ein abendliches Meeting vereinbart hatten, so verzichtete ich auf eine Reklamation.

Unser Meeting ging bis ca. 0.30 Uhr, am nächsten Morgen musste ich einen sehr frühen Flieger bekommen. Um 05.59 Uhr betrat ich die Lobby, um festzustellen, dass es ein Early Bird Croissant Frühstück gab. Löblich. Leider war es nach meinem Auschecken um 06.01 Uhr vollständig abgebaut – dass es ein reguläres Frühstück für Diamond Member gab, habe ich erst später erfahren. Schade.

Hungrig hastete ich zum Lufthansa Schalter, nahe des Hotels, um mein Gepäck schnell aufzugeben. Das Resultat zeigt das folgende Foto:

Einsamkeit am Lufthansa Checkin

Einsamkeit am Lufthansa Checkin

Einsamkeit … Leere … Offenbar ist es ungewöhnlich, dass Lufthansa-Passagiere ihr Gepäck morgens um 6 Uhr in der Nähe des Hotels aufgeben möchten. Schade.

Eigentlich dachte ich, es wären nun genug Überraschungen für einen Tag, der eigentlich noch gar nicht begonnen hatte, zumindest nach meiner Zeitrechnung. Aber die Dame am Lufthansa-Schalter in der Haupthalle schaffte doch noch ein weiteres Highlight. Nachdem ich ihr mein Flugziel nannte und meine Kreditkarte gegeben hatte, begann der folgende Dialog:

Lufthansa-Mitarbeiterin (LH): „Auf welcher Maschine sind Sie denn gebucht?“
Ich (ungehalten): „Weiß ich nicht.“
LH: „Ich müsste das wissen.“
Ich: „Stimmt, finde ich auch: Sie müssten das wissen. Sollten Sie mir das nicht sagen?“
LH: „Wie war Ihr Name?“
Ich: „Wieso schauen Sie nicht auch die Kreditkarte, die vor Ihnen liegt?“
LH: „Es gibt eine Maschine um 7.10 und eine um 8.50.“
Ich: „Und?“
LH: „Auf welcher sind Sie?“

Mir platzte fast der Kragen, als mir klar wurde, dass die Mitarbeiterin mehr Arbeit mit ihrer Computermaske haben musste, wenn sie mich namentlich zu suchen hatte, als wenn ich ihr bereits eine feste Uhrzeit sagte. Ich gab ihr zu verstehen, dass ich das nicht unter Kundenfreundlichkeit verstünde und zog mit meinem Ticket, das dann doch ‚mal ausgestellt wurde, meiner Wege – zum nächsten Café, weil ich erst einmal einen Espresso brauchte. Ich weiß schon, weshalb ich lieber mit Singapore Airlines auf der Langstrecke unterwegs bin …

Fazit: Kundenfreundlichkeit, HIneinversetzen in den Kunden und Antizipation seiner Bedürfnisse bringen per Sekunde einen enormen Wettbewerbsvorsprung.

Der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass sich das Hilton am Frankfurter Airport inzwischen aufmerksam mit meiner Unzufriedenheit, die ich in der per E-Mail zugestellten Zufriedenheitsbefragung zum Ausdruck brachte, auseinandergesetzt hat und sich um mich als Kunden bemühte.

Ihr Guido Quelle

(c) 2012, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH